In Höhlen findet man unterschiedliche Kalkformationen, die Lange nach der Höhle selbst entstanden sind. Sie werden unter dem Begriff Sinter zusammengefasst.
Die folgenden Fotos zeigen die Vielfalt der Sinterformationen unserer Höhlen:
Wie wir im Kapitel Höhlenentstehung gesehen haben, löst das kohlensaure Wasser den Kalkstein auf und bildet so eine Calciumhydrogencarbonat-Lösung. Folgende Reaktionsgleichung verdeutlicht diesen Vorgang:
CaCO3(s) + CO2(aq) + H2O ⇌ Ca2+(aq) + 2HCO3-(aq) (1)
Kalkstein Kalciumhydrogencarbonatlösung
Der Doppelpfeil bedeutet, dass die Reaktion in beide Richtungen ablaufen kann. Ob die Reaktion nach links oder nach rechts abläuft, hängt vor allem von der Menge an gelöstem CO2 ab, also von der Stoffmengenkonzentration c(CO2):
Die Menge an gelöstem CO2 wiederum ist vom Partialdruck des gasförmigen CO2 in der Umgebung abhängig. Auch hier können wir ein Gleichgewicht formulieren:
CO2(g) ⇌ CO2(aq) (2)
Nachstehende Grafik verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Druck und gelöstem CO2:
Druckabhängigkeit der CO2-Konzentration im Wasser
Wird der Druck gesenkt, sinkt auch die Menge an im Wasser gelöstem CO2. Jeder kennt diesen Vorgang von der Sprudel-Bereitung. Unter hohem Druck wird das CO2 gelöst. Lässt man die Flasche offen stehen, entweicht das Gas wieder.
Das Regenwasser nimmt beim Versickern eine große Menge CO2 aus den humusreichen Erdschichten auf und löst dann den Kalkstein auf. Nun kommt es vor, dass das mit Hydrogencarbonat beladene Wasser in eine bestehende Höhle tropft. Da der Partialdruck des CO2 in der Höhle sehr gering ist (entsprechend dem CO2-Gehalt der Atmosphäre), entweicht aus einem Tropfen, der an der Höhlendecke hängt, CO2. Dadurch fällt der gelöste Kalk wieder aus, die Reaktionsgleichung (1) läuft nach links ab und es entsteht eine Versinterung.
Wenn ein Tropfen lange Zeit hängt, entsteht ein Kalkring, der langsam länger wird. So entstehen die schönen, teilweise völlig klaren Sinterröhrchen, die wegen ihrer Form auch Maccaroni genannt werden
Wenn Wasser außen an einem Maccaroni herunter läuft, wächst das Röhrchen auch in die breite und es entsteht ein Stalaktit.
Stalaktiten in der Grotte de Saint-Marcel
In einer aktiven Höhle tropft von den Stalaktiten Wasser auf den Höhlenboden. Dort zerspringen die Tropfen und in viele kleine Tröpfchen, deren Oberfläche viel größer ist als die Oberfläche des ursprünglichen, großen Tropfens. Durch die Oberflächenvergrößerung kann sehr schnell CO2 entweichen und der Kalk fällt großflächig aus. Deshalb sind die so gebildeten Stalagmiten, die sich unterhalb eines tropfenden Stalaktiten bilden viel dicker als die Deckenzapfen.
Gelegentlich findet man Stalagmiten, die so hoch gewachsen sind, dass sie sich mit dem Stalaktit darüber verbunden haben. Die so entstandene Säule nennt man Stalagnat.
Laufen die Tropfen immer auf der selben Bahn an der Höhlenwand hinunter, bilden sie langsam eine Sinterfahne. Diese Fahnen sind teilweise sehr filigran und man kann mit einer Lampe im Hintergrund eine sehr schöne Beleuchtung erzeugen.
Sinterfahne im Gorffre des Ordons
Sinterfahnen im Gouffre de Vau
Teilweise gibt es auch Tropfsteine, die in alle Richtungen wachsen und den Gesetzen der Schwerkraft nicht gehorchen. Sie werden Excentriques genannt und sind vor allem in Südfrankreich verbreitet. Wie sie entstehen wird kontrovers diskutiert und es kommen mehrere Einflussgrößen in Frage: neben Klima und Wind werden auch Mikroorganismen als Ursache für das verschnörkelte Wachstum der Excentriques genannt.
Excentriques in der Grotte de Barbette
Exokarstformen auf dem Gottesackerplateau